Das LJKE-Projekt Freiräumen gehört zu den Gewinnern des Ideenwettbewerbs „Kultur + Nachhaltigkeit = Heimat“ des Fonds Nachhaltigkeitskultur.
Wir haben in enger Zusammenarbeit mit Corinna Löwert, Klimaschutzmanagerin der Stadt Amberg, jede Menge Kreativität und Ideen zum Umdenken entwickelt und dabei ist das Projekt Freiräumen entstanden:
Worum geht es?
Theoretische Überlegungen:
Wir räumen öffentliche Plätze/Flächen/Orte frei, die im Widerspruch zu einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft stehen könnten, und geben Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, diese kreativ umzunutzen und sich dadurch auch zu
eigen zu machen. Durch die selbstbewusste ästhetische Transformation des öffentlichen Raums werden Identifikations-, Reflexions- und Bildungsprozesse angestoßen: Die Teilnehmenden erleben sich als MitgestalterInnen ihres Lebensumfelds, als ProduzentInnen von Kunst & Kultur, Werken & Werten, Sinn & Unsinn, als wichtige AkteurInnen der (Stadt-)Gesellschaft. Da Wandlungsprozesse groß und gemeinsam gedacht werden müssen, soll an acht verschiedenen Orten in ganz Bayern – in urbanen Zentren wie in ländlichen Gebieten – freigeräumt werden.
Praktische Umsetzung:
Die maßgeblich von den Kindern und Jugendlichen selbst gestalteten Projekte werden jeweils von einem lokalen Bündnis aus im LJKE organisierten Jugendkunstschulen und kulturpäd. Einrichtungen sowie Organisationen des Umwelt- bzw. Naturschutzes (Klimaschutzmanagement, Transition, BUND, …) begleitet.
Geplanter Ablauf der Teilprojekte
Ablauf
- Informieren & diskutieren
– Zusammen mit Kooperationspartnern aus dem Bereich des Natur- bzw. Umweltschutzes Plätze/Flächen/Orte im eigenen Lebensraum identifizieren, die im Widerspruch zu einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschafft stehen könnten.
– Neue Perspektiven auf diese ausprobieren und einnehmen. - Raum suchen & „freiräumen“
– Einen Raum suchen und gemeinsam freiräumen.
– Ideen entwickeln, sich auseinandersetzen: Genehmigungen einholen, UnterstützerInnen finden.
– Bsp.: Parkhaus sperren, Werbefläche weiß übermalen, Strom abschalten. - Kreativ umnutzen & aneignen
– Den entstandenen Freiraum zusammen mit Kooperationspartnern aus der Kultur für eine bestimmte Zeit kreativ füllen und verändern.
– Bsp.: Straßenmusik statt Straßenverkehr auf einer Verkehrsinsel, aus den Wegwerfwaren einer Bäckerei wird am Ende des Tages ein Soli-Semmelknödelfest. - Weiterdenken & „nachhalten“
-Gemeinsam mit allen Beteiligten nach Wegen suchen, wie die temporäre Umnutzung auch langfristig Nachwirkungen entfalten, fortgeführt und verstetigt werden kann.
– Nachhaken, netzwerken und dranbleiben!
Kontext des Projektes Freiräumen
Gesellschaftlicher Kontext:
Worum geht es nicht? Es geht nicht darum, eindimensionale Konsumkritik zu üben oder motorisierten Individualverkehr zu
despektieren. Vielmehr sollen junge Menschen dazu ermutigt und ermächtigt werden, sich zum und im öffentlichen Raum zu positionieren, ökologische und kulturelle Herausforderungen proaktiv anzugehen und somit Verantwortung für ihre Umwelt und ihre Heimat*(vgl. Innovativer Charakter) zu übernehmen.
Politischer Kontext:
Leitlinie für die Projekte ist das demokratische Prinzip der Partizipation. Die Kinder und Jugendlichen entscheiden selbst, entwickeln eigene Vorstellungen und Zukunftsvisionen. Diese Meinungsfindung und Kommunikation darüber sind zentrale Bestandteile einer gut funktionierenden Demokratie. Künstlerisch-kulturelle Gestaltungsprozesse sind ein veritables Erprobungsfeld auch für politische Mitbestimmung.
Wirtschaftlicher Kontext:
Um zukünftig nachhaltige wirtschaftliche Prozesse zu gestalten, bedarf es kreativer, phantasiereicher und inspirierender Köpfe, die durch kulturelle Selbstbildung komplexe Zusammenhänge auf unterschiedlichen Ebenen reflektieren können und bereit sind, innovative Lösungswege anzugehen. Durch das Ausprobieren in kleinen Freiräume, besteht die Möglichkeit, sich auch an die großen Fragen unserer Zeit zu wagen.
Ökologischer Kontext:
Junge Menschen setzen sich mithilfe von ExpertInnen mit unserer Natur und Umwelt und somit mit einem bisweilen fast schon verlorenzugehen drohenden Teil ihrer Lebenswelt auseinander. Sie besprechen ökologische relevante Themen und bekommen Einblick in ökonomische Zusammenhänge. So können gesellschaftlich dominierende Denk- und Handlungsmuster hinterfragen und eine eigene Haltung zu kultureller Nachhaltigkeit und nachhaltiger Kultur entwickeln.
Was sind unsere Ziele?
Das vorrangige Ziel von „Freiräumen“ ist, dass junge Menschen sich durch ästhetische Erfahrungen und partizipative Gestaltungsprozesse mit gesellschaftsrelevanten Themen auseinandersetzen und Verantwortung für ihre Lebens- sowie Umwelt übernehmen. Die Projekte sollen Impulse zur Reflexion und Weiterentwicklung von Denk- und Handlungsmustern geben. Anstatt mit erhobenem Zeigefinger einseitig zu kritisieren, soll mit Fantasie vielfältig diskutiert und (de-)konstruiert werden. Kultur und Natur sollen aufeinander bezogen, miteinander verknüpft und frech durcheinandergewirbelt werden. Durch das kreative Umgestalten, Umnutzen und Aneignen von öffentlichem Raum soll die Identifikation mit dem sozialen
Nahraum gestärkt und somit Bezug und Boden für ein nachhaltiges Miteinander geschaffen werden. Neben der individuellen Bezugnahme, wird die Generierung öffentlicher Aufmerksamkeit sowie Achtsamkeit gegenüber unserer zu schützenden Umwelt angestrebt. Durch Betonen und Bespielen des öffentlichen Raums soll das Umdenken von Raumordnungen, Maßstäben und Mustern angeregt werden.
Innovativer Charakter des Projektes
Der innovative und gleichzeitig nachhaltige Charakter des Projektes „Freiräumen“ liegt darin, dass junge Menschen darin bestärkt und begleitet werden, öffentliche Räume zu okkupieren und künstlerisch zu transformieren. Dekonstruktion (freiräumen) und Konstruktion (neugestalten) greifen ineinander, Positionen DAGEGEN gehen mit Visionen DAFÜR einher: Es wird nicht einfach pauschale Kritik geübt, sondern ein konstruktiver, ideenreicher und fantasievoller Austausch eröffnet. Wesentlich ist auch der partizipative Ansatz des Projekts: Durch das Auseinandersetzen mit gesellschaftlich relevanten Themen, das Finden und Behaupten einer eigenen Position und schließlich das dementsprechende Ausrichten des individuellen und Annähern des kollektiven Handelns, entstehen das Gefühl und Bewusstsein von Selbstwirksamkeit und daraus wiederum Mut und Motivation, sich in weitere Mitbestimmungsprozesse einzubringen.
Die Thematisierung des Raums aus kultureller sowie aus ökologischer Perspektive ist außerdem ein wichtiger Weg zum Umdenken und sukzessiven Umbauen von Strukturen. Da Raumordnungen und -abgrenzungen oft unantastbar wirken, ist es von großer Bedeutung, genau hier anzusetzen und dies zu hinterfragen: Auch der bestehende Raum ist das Produkt einer
permanenten Entwicklung und kann/muss an die Bedürfnisse der darin Lebenden angepasst werden. Die Projektidee orientiert sich dabei an den theoretischen Überlegungen von Prof. Dr. Martina Löw (Raumsoziologie – Spacing). Die Teilnehmenden werden zu PionierInnen für ein verteilungsgerechtes, ressourcenschonendes, kommende Generationen
mitbedenkendes, weltoffenes gesellschaftliches Miteinander.
Lasst uns anfangen, öffentlichen Raum zu recyceln, kulturelle Werte zu schöpfen und zu Zukunft aufzubereiten!
Heimat* – der Begriff der Heimat wurde um ein * erweitert, da der Begriff aktuell von rechten Gruppierungen in unseren Augen negativ besetzt wird. Wir wollen den Begriff deshalb in einen neuen Kontext setzen, welcher für eine Öffnung, Erweiterung,
Hinterfragung und Veränderung steht.
