Das ist das Papier wert.

Fortbildung zum Thema Papier und Botschafften

Eine mit 22 Teilnehmenden voll ausgebuchte Fortbildung unserer Reihe Wurzelbehandlung fand am 21./22. April 2023 im KUNSTbeTRIEB Cham statt. Die Gastgeber:innen Julia Breu und Andi Dünne begrüßten die Ankommenden im großen Gemeinschaftsraum, dessen beeindruckend umfangreiche Kunstbibliothek gleich eine Facette des Fortbildungsthemas „Botschaften auf, mit, aus und über Papier“ eröffnete und ein erstes Blätterrauschen in Gang setzte.

In zwei Papierwerkstätten am Abend kamen die Workshopteilnehmenden selbst ins kreative Tun: Mit Pappschachteln, Packpapier, Kleister und Klebeband montierten sie zwei- oder dreidimensionale Gebilde, die als Träger für aufgeklebte Worte dienten oder selbst zur Aussage wurden. Andi Dünnes Sammlung teils historischer Druckmaschinen und Lettern führte eindrucksvoll vor Augen, wie viel handwerkliche Präzision, Können und Hingabe einstmals notwendig waren, um Nachrichten aufs Papier und in die Zeitung zu bringen – vor der Digitalisierung.

An die Wertschätzung des Mediums Papier als Träger von Botschaften knüpfte auch Referentin Lucia Dellefant am zweiten Fortbildungstag an. Anschaulich stellte die in München und Italien arbeitende Künstlerin ihre prägnanten Wortarbeiten vor und betonte dabei die Bedeutung der künstlerischen Wechselwirkung zwischen Wortinhalten und ihrer handwerklich formalen Umsetzung. Ihre Postkarten, Plakate, Typografien und Logos spielen mit sprachlichen und visuellen Mitteln der Werbung, der Politik und der Ökonomie, um genau in diesen Feldern kritisch („the medium is the message“ Marshall McLuhan ließ grüßen), aber auch mit einer großen Portion Humor aufzuklären und zur Partizipation an aktuellen gesellschaftlichen Themen anzuregen. Derart „angespitzt“ juckte es dann auch alle Workshopteilnehmenden in den Fingern, eigene Aussagen zu formulieren und zu gestalten. In Kleingruppen einigte man sich schnell auf bestimmte Begrifflichkeiten, die die persönliche Situation in Jugendkunstschulen, aber auch gesamtgesellschaftlich auf den Punkt brachten. Diese Begrifflichkeiten (z.B. Loslassen, Anspruch, Luft nach oben, Veränderung, Blos nix ändern, Raus aus der Blase, dagegen, Be kind/Sei groß) galt es dann mit Papier, Farbe und Kleister umzusetzen und dafür eine Form zu finden. Bis in den späten Nachmittag hinein wurde gedruckt, geklebt, geschnitten und gemalt, es wurde lustvoll experimentiert, diskutiert und viel gelacht.

Nach der Abschlusspräsentation mit Mobiles, Schutz- und Gefängnisräumen, performativen Einlagen und Spielanleitungen waren sich alle einig: Wir fahren schöpferisch angeregt und sensibilisiert in unsere Jugendkunstschulen zurück. Vielen Dank an den KUNSTbeTRIEB Cham für die phantastische Location und die liebevolle, professionelle Betreuung, vielen Dank Lucia Dellefant für den zum Nachdenken und zum freudigen, humorvollen Experimentieren motivierenden Input! Die Botschaft dieser Wurzelbehandlung ist auf jeden Fall angekommen: Jugendkunstschulen wecken gestalterische Potentiale und sind eine Gesellschaft gestaltende Kraft.

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